Die meisten Contact-Center arbeiten mit festen Abläufen und planen über mehrere Monate im Voraus. So können sie auch in Hochphasen angemessen reagieren und eine gute Customer Experience bieten. Aber was passiert bei plötzlichen Nachfragespitzen, die nicht eingeplant sind? Schließlich reicht eine schlechte Erfahrung aus, um Kunden zur Konkurrenz zu treiben.

In folgenden Gastbeitrag beschreibt Léonie Brown, XM-Wissenschaftlerin bei Qualtrics, was Unternehmen tun können, um unerwartete Krisen zu bewältigen.

Jeder Kundenservicemanager ist es gewohnt, mit regulären Nachfragespitzen umzugehen. Die meisten Contact-Center arbeiten mit festen Abläufen und planen über mehrere Monate im Voraus. So können sie in solchen Phasen angemessen reagieren und weiterhin eine gute Customer Experience bieten.

Denn es steht viel auf dem Spiel: Eine einzige schlechte Erfahrung reicht aus, um selbst begeisterte Kunden zur Konkurrenz zu treiben. 32 Prozent aller Kunden würden ihrer Lieblingsmarke schon nach einer schlechten Erfahrung untreu werden. („Future of Customer Experience“ von Pwc)

Weihnachten beginnt schon im Sommer
Wer im Einzelhandel tätig ist, weiß, dass die Nachfrage in der Zeit um Weihnachten am größten ist: Die Kunden kaufen Geschenke, geben die Ware zurück oder tauschen sie um und stürzen sich dann in den Winterschlussverkauf, um ein Schnäppchen zu ergattern.

Um diesen Ansturm bewältigen zu können, werden meist schon im Spätsommer oder September neue Mitarbeiter eingestellt und bis Oktober eingelernt. Danach stehen die Abläufe und Softwaresysteme fest. Bis mindestens Januar sind dann keine Änderungen mehr möglich.

Auch Finanzbeamte und Steuerberater rechnen zu bestimmten Zeiten im Jahr mit einem größeren Arbeitsaufkommen. Sie wissen, dass der Andrang dann am größten ist, wenn die letzten Abgabetermine fällig sind, zum Beispiel im Februar.

Reine Routine also: Die Steuertermine ändern sich nicht und Weihnachten fällt jedes Jahr auf den 24. Dezember. In beiden Fällen handelt es sich um strukturierte Prozesse, die man ohne Weiteres vorausplanen kann.

Die neue „Normalität“
Was aber passiert bei plötzlichen Nachfragespitzen, die nicht eingeplant sind? Haben Sie genug Reserven, um sie zu bewältigen? Ein unerwarteter Ansturm kann sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor gelegentlich vorkommen. Die Ursachen sind Wetterextreme, Änderungen in den Unternehmensstrukturen – oder eben ein globaler medizinischer Notstand.

Das Ungewöhnliche an der aktuellen Situation ist, dass es etwas Vergleichbares noch nie gab. Die Folgen sind für fast jede Organisation auf der ganzen Welt spürbar: Alle müssen ihre Planungen für das weitere Jahr komplett umwerfen. Der plötzliche Mix von Top-down- und Bottom-up-Änderungen ruft zudem große Verunsicherung hervor.

Und weil ein weltweites Reiseverbot besteht, müssen Geschäfte nun virtuell abgeschlossen werden. Viele Mitarbeiter sind – oft zum ersten Mal in ihrem Leben – gezwungen zu Hause arbeiten. Angesichts dieser Veränderungen müssen Unternehmen und Behörden rasch reagieren und ihren Service an das geänderte Konsumenten- und Bürgerverhalten anpassen.

Das kann mitunter einschneidende Folgen haben: Drei Stunden in der telefonischen Warteschleife der Fluggesellschaft, ein komplettes Kundenservicecenter im Homeoffice – mit einem Mitarbeiter, der die Anrufe durchstellt.

Bei einem hohen Anrufvolumen tragen Ihre Servicemitarbeiter die Hauptlast: Sie nehmen die Gespräche mit gestressten, verärgerten Kunden entgegen – und können deren Anfragen vielleicht nicht einmal zufriedenstellend beantworten, da sich die Situation laufend ändert.

Ohne die richtigen Tools ist das Ergebnis vorhersehbar: unzufriedene Kunden und höhere Kosten bei den kundenbezogenen Prozessen. Doch mit technischer Unterstützung können Sie das vermeiden – und Ihre Mitarbeiter so wappnen, dass sie sowohl für den Kunden als auch für das Unternehmen etwas erreichen können.

Chatbots helfen bei Überlastung
Die Beziehungen zwischen Mensch und Technik können unterschiedlich ausfallen. Seit jeher existiert in manchen Teilen der Gesellschaft der Glaube, dass Technik nicht an das herankommt, was der Mensch leisten kann. Um es modern zu formulieren: Viele sprechen lieber mit einem Menschen als mit einem Chatbot. Und es stimmt – in manchen Branchen ist der menschliche Kontakt wichtiger als in anderen.

Das gilt vor allem für hochkomplexe oder hochriskante Bereiche wie dem Gesundheitswesen oder dem Finanzsektor. Doch in Wirklichkeit hat Technik immer nur dazu gedient, Kundenwünsche zu erfüllen. Das ist auch bei Ihrem Kundenservicecenter der Fall: Dort kann Technik das Kundenerlebnis verbessern, wenn sie richtig eingesetzt wird.

Wenn Sie Automatisierungselemente wie Sprachdialogsysteme, Chatbots und automatische Ansagen in Ihr Kundenservicecenter einbinden, ist es für Spitzenzeiten deutlich besser gerüstet. Warum? Weil die Automatisierung einfacher, alltäglicher Anfragen, die durch FAQs und Chatbots problemlos beantwortet werden können, Ihren Mitarbeiter Zeit verschafft.

Zeit, um Fälle mit hoher Priorität zu bearbeiten, die den vollen menschlichen Einsatz erfordern. Wie jedes optimal arbeitende Kundenservicecenter helfen Sie Ihren Mitarbeitern so, sich auf Lösungen zu konzentrieren und Positives für das ganze Unternehmen zu leisten – statt nur Notfallmanagement zu betreiben.

Stresspegel durch IT-Lösungen senken
Indem Sie den Stresspegel im Kundenkontakt senken, bleibt die Customer Experience auf dem Niveau, das Ihre Kunden erwarten. Sorgen Sie für zufriedene Kunden und somit auch für glückliche Mitarbeiter. Denn durch ein angenehmes und wertschätzendes Arbeitsklima verringern Sie die Abwanderungsrate Ihrer Mitarbeiter.

Zu Spitzenzeiten wird die Mitarbeiterabwanderung zu einem besonders akuten Problem, denn die Mitarbeiter an vorderster Front stehen unter hohem Druck – und wenn sie gehen, bleibt schlichtweg keine Zeit, um Ersatzpersonal einzustellen und zu schulen. Um das zu verhindern, sollten Sie nicht nur Self-Service-Systeme einsetzen.

Machen Sie sich bewusst, dass Ihre Mitarbeiter die einzige Möglichkeit sind, den Ansturm zu bewältigen. Nehmen Sie sich deshalb die Zeit, ihnen Ihre Anerkennung auszudrücken. Denn sie spielen eine wichtige Rolle bei der Pflege des intern erarbeiteten Know-hows und des Produkt- und Lösungswissens.

Und sie sind maßgeblich an der Aufrechterhaltung einer intakten Unternehmenskultur beteiligt. Das, was Sie in einer solchen Phase tun – oder auch nicht tun – wird sich für lange Zeit in das Kundengedächtnis eingraben. Wie also planen Sie etwas voraus, was nicht planbar ist?

Stellen Sie sich zunächst folgende Fragen:

  • Verfügen Sie über ein Pool an Mitarbeitern, die im Bedarfsfall einspringen können?
  • Wie ist Ihre Beziehung zu Ihren früheren Mitarbeitern? Ist es möglich, einige von ihnen zurückzuholen? Denn diese Mitarbeiter müssen wahrscheinlich nicht so intensiv geschult werden wie absolute Neulinge.
  • Verfügen Sie über die räumlichen und technischen Kapazitäten, um weitere Mitarbeiter inhouse oder im Homeoffice zu beschäftigen?
  • Wie können Sie Ihre Mitarbeiter dabei unterstützen effizienter zu arbeiten, indem sie jede Anfrage an den geeigneten Kanal leiten?
  • Können Sie Ihre Kunden dazu bringen, für die gängigsten Anfragen automatische Self-Service-Optionen zu nutzen? Vielleicht durch verbesserte FAQs, die Einbindung von Chatbots in Ihre Online-Kanäle oder Sprachdialogsysteme zur Umleitung von Anrufen?
  • Und wo das nicht möglich ist – können Sie Live-Chats oder soziale Medien einsetzen, so dass ein Mitarbeiter mehrere Anfragen gleichzeitig bearbeiten kann?

Wichtige Strategien für eine gute Arbeitsleistung in Stresszeiten
Exzellente Kommunikation: Sorgen Sie für eine positive Stimmung unter Ihren Mitarbeitern, indem Sie auch dann mit ihnen in Kontakt bleiben, wenn sich die Dinge ändern.

Transparenz: Sprechen Sie aufrichtig über das Ausmaß der aktuellen Herausforderung. Sagen Sie Ihren Kunden klar und deutlich, was Sie leisten können und was nicht – und nennen Sie die Gründe.

Mitarbeiterbefragung: Erkundigen Sie sich bei Ihren Mitarbeitern, wie es ihnen mit ihrer Arbeit geht und was ihnen wichtig ist. Haben sie alles, was sie brauchen, um die hohe Nachfrage zu bewältigen? Sind sie befugt, Entscheidungen zu treffen oder müssen sie Kunden abwimmeln?

Kundenbefragung: Erforschen Sie bei Ihren Kunden/Servicenutzern, ob sie mit der Bearbeitung ihrer Anfragen zufrieden sind; fragen sie nach wichtigen Aspekten wie der Freundlichkeit/Kompetenz/Geduld Ihrer Mitarbeiter. Nutzen Sie diese Daten für strategische Entscheidungen und zur Schulung Ihrer Angestellten.

Dankbarkeit: Sagen Sie danke! Jemand, der sich wertgeschätzt fühlt, leistet mehr als von ihm erwartet wird.

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