Kürzlich hat das BKA die Polizeistatistik für 2019 veröffentlicht, in der über 141.000 Opfer von vollendeten und versuchten Gewaltdelikten in Partnerschaften dokumentiert sind. Eine Umfrage der TU München und des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zeigen, dass die Zahlen durch die Corona-Pandemie weiter zunehmen. Begünstigt wird diese Entwicklung durch die steigende Verfügbarkeit von Stalkerware.

In diesem Beitrag erklärt Jaya Baloo, CISO bei Avast, Hintergründe, was Stalkerware ist und wie sich Opfer vor dem digitalen Stalking schützen können.

Die Zahlen sind alarmierend: Besonders in diesem Jahr begünstigen die Corona-Maßnahmen häusliche Gewalt. Zu diesem Schluss kommt eine gemeinsame Untersuchung der TU München und des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung – und die offiziellen Zahlen des Hilfetelefons für Frauen bestätigen die Entwicklung. Zugleich stieg mit der ersten Pandemiewelle die Anzahl digitaler Übergriffe durch Stalkerware, was Zahlen der Avast Threat Labs zeigen.

Die kürzlich vorgestellte Polizeistatistik von 2019 zählt über 141.000 Opfer von vollendeten und versuchten Delikten der Gewalt in Partnerschaften in Deutschland. Bei diesen Zahlen muss davon ausgegangen werden, dass sie nur einen Teil der Fälle abbilden. „Das Dunkelfeld ist erheblich“, bestätigen Experten wie Holger Münch, Präsident des Bundeskriminalamts.

Die TU München und das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung haben 3.800 Frauen zwischen 18 und 65 Jahren zu ihren Erfahrungen mit häuslicher Gewalt während der Corona-Krise befragt. Die Umfrage zeigt, dass die körperliche Gewalt gegen Frauen zuletzt um 3,1 Prozent und die emotionale Gewalt um 3,8 Prozent zugenommen haben. Bei 4,6 Prozent der Frauen reguliert der Partner sogar ihre sozialen Kontakte.

Häusliche Gewalt und digitales Stalking hängen zusammen
Kritisch ist der Zusammenhang, den der Forschungsbericht des europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen zu Gewalt gegen Frauen und Mädchen von 2017 aufzeigt. Darin heißt es, dass etwa 70 Prozent der Frauen, die von Cyberstalking betroffen waren, auch mindestens eine Form von physischer und/oder sexueller Gewalt, ausgehend von einem Intimpartner, erlebt haben.

Laut den Zahlen des Hilfetelefons für Frauen wird fast jede vierte Frau (24 Prozent) Opfer von Stalking. Begünstigt werden diese Zahlen 2020 dadurch, dass Opfer und Täter aufgrund der Corona-Pandemie viel mehr Zeit zu Hause verbringen. Durch die Verfügbarkeit von Stalkerware haben Täter eine weitere Möglichkeit, Kontrolle über ihre Opfer auszuüben. Die Avast Threat Labs beobachten 2020 einen Anstieg von digitalen Übergriffen in die Privatsphäre.

Was ist Stalkerware?
Nachrichten mitlesen, Telefonate abhören und Standorte verfolgen: Bei Stalkerware handelt es sich um Überwachungssoftware, die einen umfassenden Zugriff auf persönliche Daten des Opfers ermöglicht. Cyberstalking ist in Deutschland illegal, Stalkerware jedoch nicht per se. Entsprechende Programme werden im Internet über eigene Websites vermarktet – teils ganz offensichtlich als Werkzeug, um untreue Partner zu verfolgen. Die Apps lassen sich problemlos installieren.

Auch in gängigen App Stores fanden sich schon Stalkerware-Apps. So entfernte Google beispielsweise im Juli 2019 aufgrund einer Benachrichtigung durch Avast acht derartige Apps aus dem Play Store. Seriöse Store-Betreiber gehen in der Regel den Hinweisen auf Stalkerware nach und gegen diese vor. Dass solche Apps dennoch den Weg in den Store finden, zeigt, wie gut sich die Stalkerware häufig tarnt.

Malware wird üblicherweise durch Software-Schwachstellen oder Social Engineering von anonymen Hackern verbreitet und lässt sich durch einen Anti-Malware-Schutz aufspüren. Stalkerware wird hingegen meist von Partnern oder Ex-Partnern direkt auf dem Smartphone installiert. Nach der Installation übermittelt die Stalkerware ununterbrochen sensible Daten an das Smartphone oder den Computer des Täters.

Das Programm ist für das Opfer selbst nicht sichtbar oder verschleiert sogar aktiv seine Anwesenheit. Die ständige Überwachung bleibt deshalb meist lange Zeit unbemerkt. Ebenso ist ein ungehinderter Zugriff auf Fotos und Videos möglich, die auf dem Mobiltelefon des Opfers gespeichert sind.

Wie erkennen Opfer Stalkerware, um sich zu schützen?
Stalkerware benötigt den Zugriff auf Mikrofon, Kamera, Standort, Nachrichten und Anrufe. Mögliche Opfer sollten deshalb regelmäßig die App-Berechtigungen in den Geräteeinstellungen prüfen. Ein besonders schneller Akkuverbrauch, hoher Datenverkehr und ein insgesamt sehr langsam reagierendes Gerät können auf die versteckten Aktivitäten von Stalkerware hinweisen.

1. Schutz des Smartphones vor jedem unbefugten physischen Zugriff:
Anwender sperren und schützen ihre Smartphones oft nicht. Der Sperrbildschirm sollte aktiviert und mit einem Mechanismus wie einem PIN-Code oder der Fingerabdruck-Erkennung gesichert sein, um das Gerät vor einem direkten Zugriff zu schützen. Ebenso sollte das entsperrte Gerät an niemanden verliehen werden, dessen Absichten die Nutzerin nicht uneingeschränkt vertrauen kann. Dabei gilt es zu bedenken, dass eine Stalkerware-App innerhalb von wenigen Minuten auf einem Gerät installiert werden kann.

2. Installation eines Anti-Viren-Produkts auf dem Smartphone:
Ein guter Virenschutz für Mobiltelefone behandelt Stalkerware als potenziell unerwünschtes Programm (PUP) und gibt dem Besitzer die Möglichkeit, diese zu entfernen. Ein mobiles Sicherheitsprodukt schützt deshalb neben Malware auch vor Stalkerware.

3. Ohne Zögern Hilfe anfordern:
Opfer, die sich bereits in einer übergriffigen oder missbräuchlichen Beziehung befinden, sollten bedenken, dass sie durch Stalkerware einem noch größeren Risiko ausgesetzt sind. Selbst das Entfernen der Software von ihrem Smartphone könnte den Partner alarmieren. Deshalb sollten sie umgehend Hilfe und Unterstützung anfordern. Eine mögliche Anlaufstelle ist beispielsweise das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“.

Das Recht schützt Opfer von Stalking auch in der Beziehung
Die gute Nachricht ist: Stalking steht in Deutschland selbst in den engsten Beziehungen unter Strafe. Das Recht auf Privatsphäre schützt Frauen vor Partnern, die alles wissen wollen. Die enge Beziehung von Opfer und Täter spiegelt sich wiederum in der Aufklärungsquote der Cyberstalking-Taten wieder.

Knapp 90 Prozent der angezeigten Taten werden auch aufgeklärt. Damit gehört Cyberstalking zu denjenigen Tatbeständen, bei denen sich Tatverdächtige besonders gut ermitteln lassen. Opfer und Personen aus ihrem Umfeld sollten deshalb rechtliche Schritte gegen Cyberstalking einleiten.

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