Grüne IT steckt noch in den Kinderschuhen: Einzelne Produkte ohne nachhaltige Konzepte reichen nicht aus, kritisierten die Umweltexperten auf dem WebEx-Forum "Grüne IT". Die Vertreter der IT-Industrie hingegen unterstrichen, dass sie sehr wohl ganzheitliche Strategien verfolgen.

Die IT-Branche hat das Thema "Grüne IT" entdeckt. Doch was ist wirklich dran? "Es gibt keine grüne IT", sagte Jonas Mey, Energieexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), einer der Teilnehmer des WebEx-Forums "Grüne IT - der Umwelt oder dem Umsatz zuliebe?", das am 22. November in München stattfand. Er kritisierte, nach wie vor würden toxische Substanzen in IT-Produkten verarbeitet. Grüne IT werde oft nur aus Image-Gründen betrieben, nachhaltige Konzepte seitens der Hersteller würden fehlen.

Dorothee Stolzenberg, Geschäftsführerin der Dell GmbH in Frankfurt, hielt dagegen: "Viele IT-Anbieter implementieren sehr wohl ganzheitliche Umweltstrategien, und das nicht allein aus Imagegründen. Bei Dell wird die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigt, angefangen bei Design und Produktion der Produkte bis hin zur Entsorgung." Außerdem greifen laut Stolzenberg auch Umweltprogramme und interne Maßnahmen, die direkt von der Unternehmensspitze angeregt und von allen Mitarbeitern unterstützt werden.

"Aktuell implementieren wir ein unternehmensweites Power-Management-Programm, das Computersysteme automatisch nachts und in Ruhephasen abschaltet - allein dadurch werden wir schätzungsweise 8.500 Tonnen CO2 pro Jahr einsparen", so Stolzenberg. "Maßgeblich zu Reduzierung der CO2-Emissionen in Unternehmen tragen auch moderne Technologien wie Webkonferenzen bei", ergänzte Bert van der Zwan, Vice President EMEA von WebEx und Gastgeber des WebEx-Forums. "WebEx-Untersuchungen haben gezeigt, dass bis zu 50 Prozent der Dienstreisen unnötig sind und sich problemlos durch Online-Meetings ersetzen lassen."

Auch Cisco verfolgt ein nachhaltiges Umweltkonzept, wie Dr. Bernd Heinrichs, Direktor Field Market Development von Cisco Deutschland, erläutert: "Es geht auf der einen Seite darum, den Energieverbrauch unserer Produkte zu senken." Andererseits engagiert sich das Unternehmen in Umweltinitiativen wie der Clinton Global Initiative und ruft zudem eigene interne Programme ins Leben, darunter auch die Reduzierung der eigenen Dienstreisen, etwa durch die Nutzung von Videokonferenzen. "Dadurch sinkt der unternehmensweite Energieverbrauch um 10 Prozent."

Tatsächlich geht es nicht nur um die Umweltfreundlichkeit von IT-Geräten, wie van der Zwan bemerkte: "Einen wichtigen Beitrag zur Klimafreundlichkeit leisten auch IT-Anwendungen und -Konzepte wie Webconferencing oder Software as a Service." Anwendungen wie Webkonferenzen würden unnötige Dienstreisen ersetzen und die Umwelt entlasten. Bei SaaS würden Anwendungen zentral im Internet verwaltet und nur bei Bedarf eingesetzt. "Das reduziert ebenfalls den Stromverbrauch."

Eine Lanze für die IT-Industrie brach Michael Kuhndt, Geschäftsführer des UNEP/Wuppertal Institute Collaborating Centre on Sustainable Production and Consumption (CSCP) in Wuppertal: "Gerade auf dem IT-Sektor passiert viel." Hinzu käme, dass mit steigender Klima-Dramatik auch die Bereitschaft der Anwender steige, grüne IT einzusetzen.

Außerdem sollte die IT-Industrie langlebigere Produkte anbieten. In Unternehmen werden PCs in der Regel nach zwei oder drei Jahren ausgetauscht. "Das ist viel zu kurz, außerdem entsteht so immer neuer Schrott, der die Umwelt belastet", gab Mey zu bedenken. Langlebigere Produkte sind aber nicht unbedingt im Sinne der Hersteller, und das aus mehreren Gründen: "Man darf die Anforderungen der Anwender nicht außer Acht lassen", sagte Dr. Heinrichs. Außerdem erfordert neue Software wie Windows Vista auch immer leistungsfähigere Hardware. Abhilfe könnte hier das SaaS-Konzept schaffen: "Wenn die Software zentral bereitgestellt wird, reichen beispielsweise Thin-Clients als Arbeitsplatz-PCs, die über mehrere Jahre hinweg genutzt werden können, weil die Leistungsanforderungen von SaaS extrem niedrig sind", erklärte van der Zwan.

Herstellern bleibt aber nichts anderes übrig, als die Entwicklungsspirale mitzumachen, schließlich garantiert der Verkauf neuer Geräte auch das Unternehmens-Wachstum. Steht grüne IT also dem Wachstum gegenüber? "Grüne IT schließt Wachstum nicht prinzipiell aus", konstatierte CSCP-Geschäftsführer Kuhndt. Nur: "Das Wachstum des Energie- und Ressourcenverbrauchs muss gestoppt werden." Große Herausforderung dabei: die so genannten Rebound-Effekte zu stoppen. "Die Anstrengungen der Hersteller, energieeffizientere Produkte anzubieten, wird durch die steigende Anzahl von Geräten und den wachsenden Internet-Verkehr zunichte gemacht", so Kuhndt.

Vor allem ist auch die Politik gefragt, allgemein verbindliche Richtlinien festzulegen, stimmten die Diskutanten überein. Kuhndt: "Leitlinien für den festgelegten Energieverbrauch von Produktgruppen gibt es teilweise schon." Diese begrüßen auch die IT-Vertreter. Energieexperte Mey: "Umweltsiegel sind wichtig, damit Anwender wissen, welche Produkte wirklich klimaverträglich sind." Richtlinien für Hersteller stellen zudem sicher, dass sie umweltfreundliche Produkte entwickeln.

Darüber hinaus bedürfe es auch dringend Einkaufsrichtlinien. Dies vor allem, da nicht nur bei Regierungsstellen, sondern auch bei Unternehmen der Energieverbrauch beim Einkauf noch kein Thema ist. Oft wird lieber der günstige Server gekauft, der mehr Strom verbraucht. "Grüne Server kosten vielleicht in der Beschaffung mehr", erklärte Dorothee Stolzenberg, "aber das macht sich dann auch bei den Einsparungen bezahlt." So könnten Unternehmen mit energieeffizienten Servern je nach Größe mehrere tausend Euro Stromkosten monatlich sparen.

Das WebEx-Forum fand mit der Diskussionsrunde "Grüne IT - der Umwelt oder dem Umsatz zuliebe?" am 22. November in München bereits zum zweiten Mal statt. WebEx hat das Forum ins Leben gerufen, um eine Diskussionsplattform für gesellschaftlich relevante Themen und Trends zu bieten. Es richtet sich an Entscheidungsträger, Meinungsmacher und Pressevertreter.

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