Derzeit gibt es keine Tür, die Künstlicher Intelligenz bei der Integration in Unternehmensprozesse nicht aufgehalten wird. Bevor man jedoch mit der Tür ins Haus fällt, sollte man zunächst sichergehen, dass Sicherheitsmaßnahmen implementiert sind, die die sichere Anwendung von KI gewährleisten. Das gilt besonders für den Ort, an dem sich auch Cyberkriminelle die immense Geschwindigkeit und Rechenleistung zunutze machen: die Cloud.

Von Emanuela Zaccone, Sysdig AI- and Cybersecurity Product -Strategist.

Keine Technologie hat die menschliche Arbeit so schnell und weitreichend verändert wie Künstliche Intelligenz. Dabei gibt es bei der Integration in Unternehmensprozesse derzeit keine Tür, die man KI-basierter Technologie nicht aufhält. Mit einer wachsenden Anzahl von KI-Agenten, LLMs und KI-basierter Software gibt es für jedes Problem einen Anwendungsfall.

Die Cloud ist mit ihrer immensen Rechenleistung und Skalierbarkeit ein Motor dieser Veränderung und Grundlage für die KI-Bereitstellung. Dieser Motor treibt jedoch gute wie böse Absichten an. Denn auch die Sicherheitslage in der Cloud ist nicht nur dynamisch und komplex, sondern regelrecht unberechenbar. Cyberangriffe lassen sich automatisieren, Software-Lieferketten nehmen zu, und Datenbestände werden in immer kürzeren Intervallen bewegt.

Cloud-Angriffe geschehen innerhalb weniger Minuten. Schon vor der KI-Revolution war es mehr als eine Herausforderung für IT-Sicherheitsverantwortliche, mit den fortschrittlichen Taktiken von Angreifern mitzuhalten. Und obwohl Künstliche Intelligenz ein neues Maß an Unberechenbarkeit mit sich brachte, bot sie auch enorme Vorteile. Eine moderner Ansatz für Cloud-Sicherheit muss sich dieser veränderten Lage anpassen.

Das wirft die entscheidende Frage auf: Wie kann man KI in der Cloud sicher nutzen?

Wer nicht weiß, was kommt, muss mit allem rechnen
Gefragt ist eine Haltung, die einen Einbruch nicht ausschließt, sondern einplant. Dieser Sicherheitsansatz muss auf Echtzeit-Erkennung und -reaktion im laufenden Betrieb setzen. Das verschiebt Prioritäten: Sicherheit wird zum Designkriterium jeder Integration, nicht zum nachträglichen Kontrollpunkt.

Damit diese Investitionen in Sicherheit Früchte tragen, braucht es zum einen Lösungen, die nicht nur Hinweise liefern, sondern belastbare Entscheidungen empfehlen. Zum anderen müssen sie Kontext aus der Laufzeit hinzuziehen, transparente Logik anwenden und die Fähigkeit besitzen, von der Meldung zur Maßnahme zu gelangen.

Der Maßstab muss sein: Pragmatismus ohne Abstriche und reale Risiken statt Checklisten betrachten. Meldungen zu Schwachstellen sollten sich auf Workloads fokussieren, die tatsächlich aktiv in der Produktion laufen, und letztlich muss die Zusammenarbeit von Security und Entwicklung auf Basis derselben Daten geschehen.

Agentische KI beispielweise kann Sicherheitsexperten helfen, indem sie Tempo und Kontext beisteuert. Diese Systeme sollten nachvollziehbar, anpassbar und in bestehende Arbeitsabläufe eingebettet sein.

Angreifer machen KI zur Waffe
Künstliche Intelligenz ist weder das absolute Heilsversprechen noch per se ein Sicherheitsrisiko. Für Cyberkriminelle ist sie ein Geschenk: Mit ihr können selbst Personen ohne Coding-Erfahrung niedrigschwellig gefährliche Angriffe starten, Daten entwenden und sie im Dark Web verkaufen. Außerdem lassen sich fehlerfreie Phishing-Mails in allen Sprachen mit ihr verfassen, die sie in hinterhältigeren Social Engineering-Operationen auf ihre Opfer zuschneiden können.

Da sich Verteidiger KI-basierten Angriffen gegenübersehen, brauchen Organisationen Klarheit und Echtzeit-Informationen. Eine Sicherheitslösung sollte nicht nur Hinweise liefern, wo es brennt, sondern handlungsfähig machen und IT-Teams entlasten.

Agentische KI kann helfen, diesen Übergang zu leisten, indem sie aus Meldungen belastbare Antworten formt und konkrete Schritte anstößt. Blind Spots werden so reduziert, Verteidiger gewinnen Geschwindigkeit und Präzision zurück und schonen ihre Nerven mit weniger False-Positives.

Vergrößert KI die Angriffsfläche?
KI wird inzwischen in Produktfunktionen, der Optimierung der Kundenerfahrung und in Backoffice-Prozessen verankert. Zwischen 2024 und 2025 stieg die Zahl der KI- und ML-Pakete in Workloads um nahezu 500 Prozent. Dieser Anstieg zeigt, dass KI zu geschäftskritischer Infrastruktur geworden ist.

Und obwohl KI-Anwendungen in ihrer Struktur im Wesentlichen mit ihren nicht KI-basierten Pendants identisch sind, enthalten oder greifen sie häufig auf sensiblere Daten zu. Sicherheitsanforderungen müssen daher zentraler Bestandteil jeder Integration sein.

Das macht den entscheidenden Punkt auf: AI-Governance. Generative KI lässt sich mit klassischen Maßnahmen nur unzureichend sichern. Prompts sind nicht vorab prüfbar, Entscheidungen fallen in Echtzeit, und vordefinierte Leitplanken zu umgehen, ist für viele Nutzer ein Leichtes.

Gefragt ist ein Least-Privilege-Modell für die Laufzeit von KI, das an Zero Trust-Prinzipien erinnert: Jede Eingabe gilt als nicht vertrauenswürdig – egal, ob man das Modell selbst trainiert hat oder nicht. Jedes Werkzeug erhält nur die absolut notwendigen Rechte. Jede Ausgabe folgt Richtlinien und Kontext. Nur so gewährleistet man, dass LLMs der Organisation keine Flanke aufmachen.

Sicherheit durch Zusammenspiel: Mensch mit Maschine, Sec mit Dev
Das Credo muss sein: KI ergänzt menschliche Teams. Maschinen liefern Tempo und konsistenten Kontext, Menschen bringen Urteilskraft und Verantwortung. Effektiv wird diese Zusammenarbeit aber erst, wenn Signale aus der Laufzeit stammen und kontinuierlich erfasst werden.

Momentaufnahmen reichen in dynamischen Umgebungen einfach nicht, weil sie wichtige Informationen zu spät zeigen. Laufzeitdaten besitzen die höchste Aussagekraft und ermöglichen präzisere Entscheidungen für die Incident Response.

Transparente Erkennungslogik ist dabei ein vertrauensstärkendes Kriterium. Black-Box-Entscheidungen erschweren die Rechenschaft gegenüber Management und Aufsicht und verlangsamen die Anpassung an neue Angriffsarten. Offene, nachvollziehbare Regeln erleichtern Erklärung, Tuning und Verantwortlichkeit.

Denn echte Cloud-Sicherheit gewinnt man, wenn Security- und Entwicklungsteams Ergebnisse gemeinsam verantworten und mit denselben Daten arbeiten. Sicherheitsinformationen sollten Risiken granular abbilden und zugleich für Abhilfemaßnahmen taugen. So wird aus der klassischen Ticket-Übergabe echte Zusammenarbeit. KI schlägt die Brücke, indem sie Erkenntnisse für beide Seiten nutzbar macht.

Schlussfolgerung
Cloud-Sicherheit lässt sich am besten mit einer Mentalität erreichen, die Sicherheitsverletzungen bereits einplant und Entscheidungen auf der Grundlage von Laufzeitinformationen trifft. Organisationen, die Angriffe in Minuten verstehen und verhindern wollen, definieren Erfolg nicht über die Anzahl von Alarmen, sondern die Zeit, die bis zur Erkennung und Eindämmung vergeht.

Das verlangt drei Grundsätze: erstens eine Governance für KI, die Least-Privilege in der Laufzeit durchsetzt, zweitens eine klare Aufgabenteilung zwischen Mensch und Maschine und drittens die gemeinsame Verantwortung von Security und Entwicklung, gestützt auf gemeinsamen Datenlagen.

Zusammen entsteht daraus ein Sicherheitsmodell, das Geschwindigkeit nicht gegen Präzision ausspielt. Transparente Erkennungslogik, offene Anpassbarkeit und Signale mit höchster Aussagekraft machen aus KI keinen Risikofaktor, sondern ein Werkzeug zur Resilienz. Sicherheit bleibt dabei kein Kompromiss, sondern ein Versprechen, das in Echtzeit einzulösen ist.

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