Während sich dreiviertel der deutschen Unternehmen als zu abhängig von US-amerikanischen Cloud-Anbietern bezeichnen und jedes zweite Unternehmen aufgrund der neuen US-Politik seine Cloud-Strategie überdenkt, gibt es eine klare Kehrtwende und einen deutlichen Trend in Richtung digitaler Souveränität. Das Problem in der Praxis: Es fehlen europäische und deutsche Alternativen zu Amazon, Google, Microsoft und Co.

Dennoch zeigt sich: Digitale Souveränität entwickelt sich vom politischen Schlagwort zur geschäftskritischen Notwendigkeit. Die Lösung liegt weder in kompletter Abschottung noch in unkritischer Abhängigkeit. Manufacturing-X und föderative Datenräume bieten einen dritten Weg: strategische Souveränität durch intelligente Vernetzung ohne Kontrollverlust über die eigenen Daten an große Plattformen.

Die deutsche Wirtschaft steht laut Bitkom vor einer strategischen Weichenstellung: 96 % der Unternehmen importieren digitale Technologien, aber nur ein Viertel exportieren selbst digitale Services. Diese strukturelle Schieflage zeigt: Deutschlands entwickelt sich zum digitalen Import-Meister statt zum technologischen Gestalter.

Gleichzeitig bezeichnen sich mehr als dreiviertel der deutschen Unternehmen als zu abhängig von Cloud-Anbietern aus den USA , während jedes zweite Unternehmen aufgrund der Politik der neuen US-Administration seine Cloud-Strategie überdenkt. Die Bundesregierung hat darauf reagiert und digitale Souveränität als zentrales Leitmotiv der digitalen und innovationspolitischen Agenda definiert. 

Manufacturing-X: Der föderative Weg zur Datenhoheit
Digitale Souveränität bedeutet die Fähigkeit von Individuen und Institutionen, ihre Rollen in der digitalen Welt selbstständig, autonom und sicher wahrzunehmen. Manufacturing-X repräsentiert einen grundlegend anderen Ansatz als traditionelle Plattformmodelle und zielt darauf ab, ein föderatives, dezentrales und kollaboratives Datenökosystem für eine vernetzte Industrie zu schaffen. 

Das Konzept basiert auf einem international standardisierten Baukasten für den sicheren Datenaustausch zwischen Unternehmen. Vereinfacht gesagt: Jede Maschine und jedes System erhalten einen „digitalen Ausweis" (Asset Administration Shell), über den es sich identifizieren und seine Daten beschreiben kann. Spezielle Connectoren sorgen dafür, dass nur autorisierte Partner auf bestimmte Daten zugreifen können – ähnlich wie ein digitaler Türsteher.

Die Kommunikation zwischen den Systemen erfolgt über eine einheitliche „Sprache" (OPC UA), sodass verschiedene Hersteller miteinander sprechen können. Darauf aufbauend entstehen branchenspezifische Datenräume wie Catena-X für die Automobilindustrie oder Factory-X für die Fertigungsbranche. Die DNA der Datenräume schließt dabei aus, dass Daten zentral gespeichert werden.

Für ERP-Anbieter und ihre Kunden eröffnet dieser Ansatz neue Möglichkeiten: Statt in Vendor-Lock-ins gefangen zu sein, können Unternehmen ihre Geschäftsdaten über standardisierte Schnittstellen zwischen verschiedenen Systemen und Partnern austauschen. Mit dem föderalen Ansatz von Manufacturing-X können Unternehmen ihr Domänenwissen gewinnbringend entlang ihrer Partnerstrukturen öffnen, ohne ihre Daten an große Player wie Hyperscaler abgeben zu müssen.

Hybrid Cloud als technologische Brücke
Die praktische Umsetzung digitaler Souveränität erfolgt über intelligente Hybrid-Architekturen. Diese ermöglichen es Unternehmen, gezielt zu steuern, wo ihre Daten liegen, wie ihre Workloads ausgeführt werden und welche Compliance-Vorgaben eingehalten werden müssen. Ein konsequenter Open-Source-Ansatz schafft dabei die notwendige technologische Offenheit, um nahezu jede Anforderung in Bezug auf Transparenz, Kontrollierbarkeit und Compliance souverän umzusetzen.

Diese Hybrid-Strategien bilden die technologische Grundlage für Manufacturing-X, indem sie die flexible Kombination verschiedener Cloud-Services ermöglichen, ohne die Kontrolle über kritische Daten zu verlieren. So können Unternehmen die Vorteile globaler Vernetzung nutzen, während sie gleichzeitig ihre Datensouveränität wahren.

Europäische Alternativen gewinnen an Substanz
Parallel zur Entwicklung föderierter Datenräume entstehen konkrete europäische Cloud-Alternativen: StackIT der Schwarz Gruppe positioniert sich als deutscher Cloud-Anbieter mit Hyperscaler-Ambitionen und arbeitet mit SAP an souveränen RISE-Lösungen. Europäische Anbieter wie OVHcloud, Hetzner oder die Open Telekom Cloud gewinnen an Bedeutung, da sie Rechenzentren ausschließlich in Europa betreiben und DSGVO-Compliance garantieren.

Besonders relevant für ERP-Systeme ist dabei die Compliance-Dimension: Unternehmen benötigen Gewissheit, dass ihre geschäftskritischen Daten den europäischen Datenschutzbestimmungen unterliegen und nicht durch Gesetze wie den US CLOUD Act  gefährdet werden. Diese rechtliche Sicherheit wird zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil europäischer Anbieter.

Praxisrelevanz für den Mittelstand
Für mittelständische Unternehmen bedeutet die Kombination aus Manufacturing-X, Hybrid-Cloud-Strategien und europäischen Alternativen konkret:

  • Strategische Unabhängigkeit: Die Fähigkeit, IT-Entscheidungen basierend auf geschäftlichen Anforderungen zu treffen, nicht aufgrund von Vendor-Lock-ins.

  • Datenhoheit: Kontrolle darüber, wo sensible Unternehmensdaten gespeichert und verarbeitet werden - ohne auf die Vorteile globaler Vernetzung zu verzichten.

  • Interoperabilität: Offene Standards ermöglichen den Wechsel zwischen Anbietern ohne Datenverlust oder Systembrüche, während gleichzeitig die Teilnahme an föderierter Datenwirtschaft möglich wird.

  • Rechtssicherheit: Compliance mit europäischen Datenschutzbestimmungen ohne Kompromisse bei der technologischen Leistungsfähigkeit.

Integration statt Isolation
Die Zukunft liegt also nicht in der kompletten Abschottung von internationalen Technologieanbietern, sondern in der intelligenten Integration verschiedener Ansätze. Föderative Datenräume wie Manufacturing-X ermöglichen es, die Vorteile globaler Vernetzung zu nutzen, während gleichzeitig die Kontrolle über kritische Daten und Prozesse gewahrt bleibt.

Für Unternehmen bedeutet das: Die strategische Entscheidung für digitale Souveränität ist keine reine Technologie-, sondern eine Geschäftsentscheidung. Sie schafft die Grundlage für langfristige Wettbewerbsfähigkeit in einer Zeit, in der Datensouveränität zum geopolitischen Faktor wird.

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