In der Vergangenheit hat sich in vielen Unternehmen eine große Zahl an Einzelanwendungen angesammelt: Bei jeder neuen Anforderung aus den Fachabteilungen hat man sich auf die Suche nach einer passenden Software gemacht. Im Laufe der Zeit entstanden so viele kleine Insellösungen. Sie erzeugen eine Komplexität, die im Licht der neuen MDR-Regulierung kritisch betrachtet werden sollte.

Der Experte für Qualitätsmanagement-Lösungen für die Pharma- und Medizintechnik-Branche bei Optimal Systems, Günter Rodenkirchen, plädiert in diesem Beitrag dafür, die neuen Anforderungen für einen klaren Schnitt zu nutzen.

Schon im Vorfeld ist klar: Entsprechend ihrer Ausgestaltung kann die Verordnung eigentlich nur mit Unterstützung einer Software-Anwendung umgesetzt werden. Statt auf eine weitere Insellösung zu setzen, sollten betroffene Unternehmen jetzt mehr denn je eine ganzheitliche Antwort auf ihre Anforderungen finden. Warum setzt gerade die neue MDR-Regulierung dafür so starke Impulse?

Ausdrucken war gestern
Die Digitalisierung des Qualitätsmanagementsystems greift viel stärker auf alle Bereiche des Unternehmens ein, als auf den ersten Blick deutlich wird: Digital gelenkte Dokumente, wie Verfahrens- und Arbeitsanweisungen werden nun nicht mehr ausgedruckt und vervielfältigt. Sie müssen digital verteilt werden.

Damit macht man jeden Mitarbeiter zum Teilnehmer oder Benutzer des Systems. Formulare und sogenannte Vorgabe-Dokumente wie Prüfprotokolle werden damit ebenfalls nur noch digital „angeboten“. Vorratsdruck ist nicht statthaft, daher müssen alle Mitarbeiter jederzeit Zugriff auf die Dokumente haben, damit sie ihre Arbeit machen können.

Eine weitere Forderung der MDR: Reklamationen sind die Quelle der Überwachung der Produkte nach der „Inverkehrbringung“. Das bedeutet: Jeder Mitarbeiter, der Reklamationen entgegennimmt, muss bei einem digitalen Reklamationsmanagement auch Zugang zu einem PC haben. Löst eine Reklamation den Einsatz eines Service-Technikers aus, wird dieser Auftrag elektronisch erteilt.

Die Ergebnisse des Serviceeinsatzes müssen gemäß MDR dann auch in der Geräteakte dokumentiert werden. Ist die Technische Dokumentation ebenfalls digital, dann brauchen die Service-Techniker auch Zugang zu den Akten. Am besten mobil, denn je näher Daten am Entstehungsort erfasst werden, desto größer ist deren Integrität.

Gesamtstrategie statt Insellösung
Damit wären aber noch immer nicht alle Bedarfe abgedeckt: Ist das reklamierte Gerät überhaupt noch innerhalb der Garantie oder hat der reklamierende Kunde Anspruch auf ein Ersatzgerät? Solche Antworten finden sich nur in den vertraglichen Vereinbarungen. Damit wären auch diese oder zumindest Teile davon im Blickfeld der Digitalisierung.

Allein dieses Gedankenspiel macht offensichtlich, wohin die Digitalstrategie in der Pharma- und Medizintechnik-Branche führen muss: Nur einen Teil zu digitalisieren, weil es mal wieder neue Anforderungen gibt, ist schlicht Flickwerk.

Einführung zum Aufräumen nutzen
Das Gleiche gilt im Übrigen für bestehende Altanwendungen: Jede Veränderung bietet die Chance, über den Tellerrand zu blicken – und alle Bedarfe kritisch unter die Lupe zu nehmen. Viele Unternehmen setzen etwa bereits Lösungen für die Warenwirtschaft (ERP) oder ein Customer Relationship Management (CRM) ein.

Das digitale QMS muss mit diesen unternehmenskritischen Systemen kommunizieren können. Der Austausch von Daten und Informationen zwischen den Spezialanwendungen muss dabei ebenso wie die gemeinsame Archivierung aller Dokumente berücksichtigt werden.

Die Lösung können geeignete Schnittstellen sein – oder ein klarer Schritt in Richtung Vereinfachung durch eine Ablösung einzelner Software-Inseln: Vielleicht steht in den nächsten Jahren ohnehin die Ablösung einer älteren Anwendung an? Was ist mit der digitalen Personalakte? Und verspräche die automatisierte Bearbeitung von Eingangsrechnungen nicht auch einen erheblichen Zeitgewinn?

Es lohnt sich, bei der Auswahl der Lösung über das Qualitätsmanagement hinauszudenken. Denn je mehr Anforderungen mit einer einzigen Plattform gelöst werden können, desto effizienter und kostengünstiger gelingt die Umsetzung einer umfassenden Digitalisierungsstrategie für das Unternehmen. Die anstehende MDR-Regulierung trägt deshalb entscheidend dazu bei, bestehende strategische Konzepte ganz neu zu denken.

Neu denken ist einfach
Wo diese noch fehlen, lohnt es sich erst recht, den Blick nicht nur auf die einzelne Anforderung zu fokussieren, betont Günter Rodenkirchen. Und das betrifft nicht wenige: Immerhin bezeichnen sich knapp 60 Prozent der 2020 in einer Studie befragten mittelständischen Unternehmen in Sachen Digitalisierung als Nachzügler.

Wurde im Unternehmen unter Digitalisierung bisher der Einsatz von Word, Excel und PDF-Dateien verstanden, fällt die Entscheidung relativ leicht: Man wird sinnvollerweise eine Lösung umsetzen, die über QM-Prozesse hinaus noch mehr abbilden kann und deren Funktionsumfang sich perspektivisch gut ausbauen lässt.

Als Basis bietet sich eine Enterprise Content Management (ECM) Software an, die auch strategisch einen optimalen Startpunkt für die weitere Digitalisierung bietet. Dabei ist klar, dass nicht alle Bereiche sofort oder innerhalb eines Jahres digitalisiert werden können. Man sollte trotzdem schon jetzt bei der Auswahl der Software die zukünftigen Anforderungen der Digitalisierung mit einbeziehen.

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