Kunst und Kultur in Zeiten der Pandemie – undenkbar?! Ganz im Gegenteil: Das Künstlerduo LoopingLovers erfand vor und während des digitalen Booms den Beruf des Künstlers neu. Ein Duo, dass das heute verfügbare technische und visuelle Potenzial als Fluss für ihre Kreativität erkennt und durch zahlreiche Kollaborationen wie auch eigens veröffentlichte Kunstwerke überzeugt und begeistert.

Das Jahr 2020 hat so vieles verändert. Auch in der Kunstwelt vollzog sich ein Wandel, der dem Künstlerduo LoopingLovers dazu verhalf, seine Nische zu entdecken. Er sollte ans Licht bringen, woran sie seit Jahren an ihren Computern und in dutzenden Tools in aufwendiger Kleinarbeit experimentiert, getüftelt und geschliffen hatten.

Heute lässt das Duo in aufwendigen Produktionen die Kollektionen des französischen High Fashion Labels Balmain im virtuellen Licht erstrahlen, es inszeniert Musikvideos in 4D und wurde zum Meister der Co-Creation, u.a. mit Künstlern wie Paul Schrader. Dabei vermischen sich Realität und Virtualität so, dass LoopingLovers im Begriff sind, eine neue Form der Kunst zu schaffen.

Von Schwäbisch Gmünd auf den virtuellen Runway
Hinter LoopingLovers stecken Philipp Ries und Thomas Mayer – zwei Künstler, die bereits während ihrer Studienzeit in Schwäbisch Gmünd den Grundstein für ihren einzigartigen Stil und ihre von Perfektion und Leidenschaft geprägte Zusammenarbeit gelegt haben. Die Vision? Eine unvergleichliche Ästhetik zu kreieren, die den menschlichen Körper bis ins letzte Detail begreift, ihn auseinandernimmt, um dann seine Körpersprache virtuell neu zusammenzufügen.

Hin zu besonderen Bewegungen und menschlichen Emotionen, die digitale Sinnlichkeit in einem endlosen Loop im virtuellen Raum wahrwerden lassen. Die Virtualisierung hat die Funktion einer Zeitkapsel, in der Geschlechter, Alter oder Herkunft vollkommen in den Hintergrund treten und der Mensch im Zentrum der surrealen Erfahrung steht.

„Nichts ist ikonischer als der menschliche Körper.” (Philipp Ries)
Philipp Ries hat bereits seit seinen Studientagen schiere Tonnen an Skizzenbüchern angelegt, in denen er versuchte, den menschlichen Körper zu verstehen, z.B. die Proportionen der Hände und die Bewegung der Handglieder und Finger. Um die Geometrie hinter den Dingen nachzuvollziehen, die versteckten Linien, die die Proportionen wirklichkeitsgetreu gestalten lassen. Denn auch wenn man kein Experte für Maße und Verhältnisse ist, weiß man intuitiv, wenn eine Kopf- oder Augenproportion nicht stimmt.

„Wir wissen, wie Augen aussehen sollten, wie sich ein Arm bewegen kann und wie nicht. Es ist eine der größten Inspirationen, mit einem unerwarteten Kontrast die Erwartung zu brechen”, so Philipp Ries. Thomas Mayer ergänzt: „Das Interessanteste, was wir am menschlichen Körper entdeckt haben, ist die nonverbale Form, Gedanken oder Emotionen in der Körpersprache auszudrücken. Es gibt so viele unterbewusste Signale, die aus den Tiefen des Inneren gesendet werden. Darüber hat der Mensch kaum Kontrolle. Genau deshalb ist der menschliche Körper und die ihm immanente Sprache für uns so besonders.”

Der Lockdown als Muse und Mäzen der digitalen Kunst?
Die Situation 2020 veränderte die Zusammenarbeit des Duos enorm, Thomas Mayer beschreibt: „Wir hatten Tage, an denen wir 12 Stunden lang unsere Kopfhörer trugen und Bildschirme teilten, als ob wir im selben Raum wären.” Und auch für die Außenwelt änderte sich alles. In Ermangelung von Ausstellungen und angesichts geschlossener Museen wandten sich das kunstbegeisterte Publikum und auch die Creative Teams internationaler Marken während der Pandemie virtuellen Alternativen zu.

Mit dieser Verschiebung ins Digitale entstand eine Gemeinschaft von Künstlern und Fans, die von LoopingLovers fasziniert war und sie vor allem über Social Media Channels wie Clubhouse und Instagram bekannter machte. Nach einer hochkarätigen Zusammenarbeit mit Mattel und dem renommierten Modelabel Balmain, zogen sie schnell die Aufmerksamkeit vieler interessierter Kunden auf sich, die auch diese neuartige digitale Kunst von LoopingLovers in ihre Projekte einbringen wollten.

Es entstanden Kollaborationen für Moncler und Drest mit dem befreundeten Künstler „Constantin Prozorov”, für Dior x Stussy, Nike x Pigalle sowie RedBull, Asics, Meissen, High Snobiety und Cro. Die humanoiden Wesen, die in endlosen Schleifen (Loopings) durch den Raum gleitend ein ungewohnt magisches Gefühl auslösen, sind ein Teil davon.

Für das Duo brachte die Pandemie eine exponentielle Steigerung und Veränderung der Wahrnehmung von außen: Die Transformation von „Leuten hinter Computern” zu digitalen Schöpfern, zu virtuellen Künstlern, zu NFT Artists. „Da Menschen nicht zusammenkommen durften, musste radikal digitalisiert werden. Plötzlich lag der Fokus darauf, was alles funktionieren könnte und nicht darauf, was schon immer funktioniert hat.

Das hat, was wir tun, in der Öffentlichkeit stärker sichtbar und begehrter gemacht”, erklärt Philipp Ries. Sein Partner ergänzt: „Wir konnten für viele Kunden ganze Remote-Produktionen realisieren. Dadurch werden wir heute mit unserem gesamten Schaffen ernster wahrgenommen als vor der Pandemie. Alles hat mehr Gewicht. Und auch wenn es digital ist, ist es für die ganze Welt nun realer.”

Nach allen (neuen) Regeln der Kunst
LoopingLovers haben bereits vor der Pandemie zu großen Teilen remote von Hamburg und Berlin aus an ihren Kunstwerken virtuell zusammengearbeitet. Während andere mit den neuen Arbeitsformen kämpften, konnten sie vom explosiven Zuwachs von Kommunikation über virtuelle Kanäle profitieren. Digital-Kunstschaffenden ermöglichte das ganz neue Möglichkeiten:

„Viele digitale Plattformen sind in kürzester Zeit stark gewachsen. Plattformen wie Zoom wurden plötzlich super-wichtig. Dabei gewannen beispielweise Augmented-Reality-Filter an Relevanz. Zudem explodierten NFTs und der Krypto-Raum, und das gab uns eine völlig neue Plattform, um unsere Arbeit zu präsentieren und erlebbar zu machen”, erinnert sich Thomas Mayer.

Was sind NFTs? Einige würden antworten: Die Zukunft des Kunstmarkts. Bei NFTs handelt es sich um Non-Fungible Tokens, eine digitalisierte Form eines Vermögenswertes, der nicht austausch- oder kopierbar ist. Anders als ein 10 Euro-Schein verfügen sie über einen individuellen Wert.

Einzigartige Kunstwerke, Zeichnungen, Memes oder Videoclips können so virtuell gekauft werden, wobei die Besitzkette – dank Blockchain – immer nachvollziehbar bleibt. Besonders innovativ ist, dass man so auch nur einen bestimmten Anteil an einem Kunstwerk besitzen kann.

Als einige andere Künstler im Umfeld der beiden in Hamburg an NFTs zu arbeiten begannen, wollten das Duo ziemlich schnell ein Teil davon werden, weil es eine Chance war, auf einer ganz anderen, neuen Ebene sichtbar zu werden. Thomas Mayer erinnert sich: „Wir waren kurz etwas zögerlich, aber erkannten schnell: NFTs bieten ein enormes künstlerisches Potenzial!“ Also ließen wir uns voll darauf ein und schufen unser Project Janus. Es war eine großartige Erfahrung und eines der Dinge, auf die ich am meisten stolz bin.”

Clubhouse als Brandbeschleuniger für den NFT-Hype?
NFTs wurden in den Massenmedien immer populärer. Die Menschen fühlten sich davon angezogen und versuchten herauszufinden, wie es funktioniert, diese neue Art Kunst zu erwerben. An dieser Stelle kann man sich die Frage stellen, ob man seine erworbene Kunst noch traditionell an der Wand hängen lassen will oder sich an ihr virtuell erfreut. Zeit verbringen wir heute jedenfalls deutlich mehr im digitalen Raum – und genau das macht den digitalen Kunstmarkt ja auch so attraktiv.

Philipp Ries erinnert sich: „Zeitgleich war Clubhouse, da ja alle im Lockdown waren, der perfekte Beschleuniger als Diskussionsplattform der Idee von NFTs. Wir waren dazu im Dialog mit verschiedensten Menschen. Nicht nur die befreundeten Künstler und Schöpfer, die wir bereits von Instagram kannten, sondern auch Leute, die nicht Teil der NFT-Szene sind. Beispielsweise gestandene Kritiker, die einen eher traditionellen Hintergrund im Kunstbereich haben. Es war sehr spannend, auf unterschiedlichste Personen mit den unterschiedlichsten Meinungen zu treffen.”

Um verschiedene Seiten des Entstehungsprozesses zu teilen, nutzt das Duo diverse Social-Media-Kanäle für unterschiedliche Zwecke: Instagram fungiert dabei eher wie eine Galerie oder ein Archiv. Auf Twitter teilen sie technische Einblicke mit Insights aus den Technologieprogrammen.

Das Handwerkzeugs eines "multidimensional artist"
Voll motiviert, alles aus ihren Tools wie der Adobe Creative Suite herauszuholen, experimentierten die beiden schon früh damit, wie weit man mit Kontrasten und Farben gehen kann. Sie setzten Cinema 4D für 3D-Umgebungen ein, um für sich eine grenzenlose Spielfläche zu bauen.

Thomas Mayer erklärt: „Wir werden immer fluider mit den Tools, die sich eng aneinanderreihen und quasi unsere Produktions-Pipeline bilden und innerhalb eines Projekts durchlaufen werden, wie Aftereffects in 2D, 3D, Marvelous Designer als Cloth Simulation und Cinema4D als klassische Animationsumgebung. Momentan wollen wir tiefer in die Substance Painter Suite von Adobe einsteigen, um unsere Werke mit Tiefe und Persönlichkeit weiter auszudefinieren und zu schärfen.”

Mit zunehmender Größe der Projekte und der Kampagnen wuchs auch das Team rund um die Künstler, wodurch der Ruf nach einem Shared Workspace schnell lauter wurde, um nicht den Überblick zu verlieren. Philipp Ries erklärt: „Wir arbeiten mittlerweile mit einer strikten Dateistruktur und einer gemeinsamen Bibliothek in Dropbox, z.B. für Texturen, Effekte oder Verweise auf bestimmte Szenen, damit alle gleichzeitig an demselben Projekt arbeiten können und nichts verloren geht. Der Versionsverlauf in Dropbox hat mir schon unzählige Male den Hals gerettet”.

Fragt man die beiden Ausnahmetalente, was sie anderen Kunstschaffenden raten würden, beziehungsweise was man braucht, um gute (digitale) Kunst zu schaffen, sind sie sich unisono einig: „Talent, Ehrgeiz, Disziplin, Resilienz und das richtige Timing!” und sie fügen hinzu: „Es ist auch großartig, wie viele Menschen hilfsbereit sind, wenn man auf sie in diesem kreativen Raum zugeht. Die meisten Menschen sind wirklich bereit, dir zu helfen und dir Ratschläge zu geben. Man muss einfach fragen.”

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