Die jüngste Ankündigung des Innenministeriums, die für 2023 beschlossenen 377 Millionen Euro für Digitalisierungsprojekte der Verwaltungen im Haushaltsentwurf 2024 auf einen vergleichsweisen marginalen Restbetrag von 3,3 Millionen Euro zusammenzustreichen, hinterlässt ein zwiespältiges Gefühl. Vordergründig scheint sich hier wieder einmal die bekannte digitale Schlafmützigkeit zu bewahrheiten.

Ein Beitrag von Andrea Wörrlein, Geschäftsführerin von VNC in Berlin.

Man erinnert sich an den gescheiterten Aufbau der deutsch-europäischen Cloud Gaia-X. Stichwort: digitale Souveränität. Die aktuelle Entscheidung hat jedoch eine weitaus geringere strategische Tragweite. Sie betrifft lediglich die interne Digitalisierung der Verwaltung und ihrer Dienstleistungen.

Entsprechende „Leuchtturmprojekte“ wie das Onlinezugangsgesetz (OZG) dümpeln trotz massiver finanzieller Unterstützung in der Vergangenheit schwerfällig vor sich hin. Der Stichtag 31.12.2022 ist längst verstrichen, die Ergebnisse sind mehr als dürftig.

Kann es sein, dass es gar nicht am Geld liegt? Aber woran dann? Vielleicht daran, wie es ausgegeben – um nicht zu sagen verplempert – wurde?

Verdruss durch Überfluss
Tatsächlich häufen sich die Projekte, in die zwar Millionenbeträge für Beratung, Management, Plattformen, Soft- und Hardware geflossen sind, die aber bis heute keine Chance auf sach- und zeitgemäße Realisierung haben. Der lächerliche ROI würde jedes private Unternehmen in den Konkurs treiben. Aus schieren Finanzierungsnöten wurde also eine Notbremse gezogen, die als Konsequenz aus massiver Geldverschwendung und erwiesener Unfähigkeit ohnehin anstand.

Doch mit eben dieser Begründung hätte wohl kein Politiker den Kopf dafür hingehalten. „Einsparen von Kosten“ klingt einfach besser und ist leichter zu vermitteln. So gesehen, verabschiedet sich der Bund aus der Rolle der Melkkuh, die bereits viel zu lange für saftige Erlöse ohne entsprechende Gegenleistung herhalten musste. Aber ist das nicht immer noch viel zu oft der Fall?

Aus dieser Erkenntnis heraus könnte ja die Bereitschaft reifen, weitere Projekte und deren Budgets auf den Prüfstand zu stellen und Leistung und Gegenleistung einmal nüchtern zu bilanzieren. Die Zeiten dafür sind günstig. Wenn schon die Alimentierung der Verwaltungsdigitalisierung aus Kostengründen auf Bruchteile zusammengestrichen wird, warum dann nicht einmal generell dem Projektförder- und Subventionswildwuchs mit der Heckenschere zu Leibe rücken?

Jeder Kleingärtner weiß, dass die Hecke danach wieder rank und schlank ist – und neue Blickwinkel freigibt. Das unschlagbare Argument dafür liegt doch auf der Straße: Es muss gespart werden. Doch wo üppige Fördertöpfe locken, sind Selbstbedienungsmentalität und Mitnahmeeffekte nicht weit.

Das sehen wir nicht nur bei Digitalisierungsprojekten, sondern quer durch alle Bereiche, von der Landwirtschaft bis zum Gesundheitswesen. Weder dem digitalen, noch dem gesellschaftlichen Fortschritt ist damit gedient.

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