Seit einigen Wochen ist unser Alltag komplett umgekrempelt. Die Konsultation eines Facharztes zählt während der Corona Pandemie wohl zu den am wenigsten beliebten Verpflichtungen. Wer will aktuell schon in Wartezimmern sitzen und vermeidbare Wege auf sich nehmen? Auch Mediziner wollen ihr Fachpersonal wie sich selbst schützen und gleichzeitig handlungsfähig bleiben.

Die Telemedizin erlebt in diesem Zusammenhang einen kräftigen Schub. Mehr Menschen als je zuvor suchen digitale Diagnosen und Lösungen. Das Schweizer Unternehmen OnlineDoctor, seit Ende 2019 auch in Deutschland aktiv konnte viele neue Anfragen und Partnerschaften mit Dermatologen auf der Plattform verzeichnen.

„Das Interesse ist groß, wir kommen bei den vielen Anfragen gar nicht hinterher“, so Leonie Sommer, Geschäftsführerin von OnlineDoctor Deutschland mit Sitz in Hamburg. Im März und April kamen 180 neue Hautärzte und -ärztinnen dazu, in den nächsten Monaten erwartet Sommer noch einmal weitere 200.

Dazu ist sich Sommer sicher, dass nach Aufhebung der Distanzierungsmaßnahmen neue Gewohnheiten entstanden sein werden, die das Patientenverhalten nachhaltig verändern: „Ärzte und Patienten werden die Vorteile nicht mehr missen wollen – auch, wenn das Thema Ansteckung mit Viren und Social Distancing an Bedeutung verlieren wird.“

Auch Dr. Marion Krakor, Dermatologin in Leipzig, war schon im Januar von den Potentialen des asynchronen Telemedizin-Angebots von OnlineDoctor überzeugt. „Im Januar und Februar hatte ich eine Handvoll Patienten, die das Online-Angebot nutzten. Im März waren es dann doppelt so viele und der Trend setzt sich fort“, so Dr. Krakor.

Die zentralen Vorteile für die erfahrene Medizinerin: Zeitersparnis und Flexibilität. „Ich schätze es, dass ich Lücken im Praxisalltag effektiv nutzen kann. Wenn noch weitere Fälle dazu kommen, werden wir Zeiträume definieren, zu welchen wir die Anfragen von OnlineDoctor behandeln. Dann ist es ein unverrückbarer Bestandteil unseres Praxisalltags“, so Dr. Krakor.

Um ihren Zugang zu dem asynchronen Telemedizin-Tool bekannter zu machen, hat die Dermatologin viele Allgemeinmediziner aus ihrer Region angesprochen. So erfahren Patienten schon bei der Überweisung von der Möglichkeit: „Der Hinweis wurde stets begeistert aufgenommen. Es trägt aktuell zur Beruhigung der Menschen bei, wenn sie digitale Alternativen an die Hand bekommen. So wird die Behandlung durch den Facharzt nicht weiter aufgeschoben“, erklärt Dr. Krakor.

Dr. Andreas Wiechert aus Hannover setzt schon seit eineinhalb Jahren auf Online-Lösungen, schwenkte aber Anfang des Jahres auf den Dienst von OnlineDoctor um. „Das Tool ist einfach griffiger und leichter zu nutzen – für mich als Behandler und ebenso für meine Patienten“, so Dr. Wiechert. Er schätzt die Flexibilität und die Möglichkeit, Anfragen von Betroffenen auch am Freitagabend oder am Wochenende bedienen zu können:

„Ich finde es toll, dass ich so mehr Menschen helfen kann – besonders auch über die normalen Sprechstundenzeiten hinaus.“ Da er unter seinen Patienten schon länger für die Online-Option wirbt, hat er jede Woche einige Fälle – der Anstieg seit Corona fällt daher vergleichsweise moderat aus. „Telemedizin ist die Zukunft. Schön, dass die Vorteile jetzt so klar im Fokus stehen. Mir macht diese Arbeit besonders viel Spaß“, so Dr. Wiechert.

Das läge auch daran, dass Patienten ihre Beschwerden anhand der kurzen OnlineDoctor-Fragen konkret beschreiben müssen. „Die Nutzer geben sich durch die engmaschigen Fragen Mühe. Ich habe den Eindruck, dass ich meine Zeit hier am effektivsten einsetzen kann.“ In Zukunft wünscht sich Dr. Wiechert neben der vollen Erstattungsfähigkeit durch die Krankenkassen, auch die Kombination mit der Videosprechstunde.

„Aus meiner Sicht wäre bei rund einem Drittel der Fälle eine Kombination ideal. Erst die Beschreibung samt Foto, dann ein gezieltes Gespräch, dass bei unklaren Fällen Raum für einen Dialog schafft.“ Dr. Bettina Schlagenhauff aus Küssnacht am Rigi bei Luzern beschäftigt sich ebenfalls schon lange mit telemedizinischen Diensten und beantwortete viele Patientenanfragen via Mail.

„Allerdings immer mit dem Wissen, dass die Emailkorrespondenz mit Patienten praktisch nie den Datenschutzanforderungen gerecht werden kann. Dies ist nun bei OnlineDoctor ein großer Vorteil“, so Dr. Schlagenhauff. „Für uns ist das OnlineDoctor-Portal eine hervorragende Plattform, um auf dem Niveau Patient-Dermatologe unkompliziert Erstbeurteilungen vorzunehmen. Eine gute Ergänzung zum nicht-virtuellen Alltag.“

Die COVID-19 Pandemie hat auch ihren Alltag auf den Kopf gestellt. Während des totalen Lockdowns, wo Ärzte zum Schutz der Bevölkerung vor Ansteckungen nur Patienten mit dringlichen, nicht aufschiebbaren Anliegen in der Praxis behandeln dürfen, sind digitale Alternativen gefragt.

„Telemedizin ist nicht mehr wegzudenken. Häufig können wir direkt gezielte Handlungsempfehlungen geben, um das Problem entweder ohne Konsultation zu lösen oder einen Konsultationstermin hinauszuzögern. Insbesondere für Risikopatienten lässt sich so die Ansteckungsgefahr vermindern“, so Schlagenhauff.

Corona habe viele aus dem digitalen Tiefschlaf geweckt. Ein Ersatz für die reale Sprechstunde sei die Telemedizin aber nicht. „Obwohl sich die Dermatologie ja sehr gut für Telemedizin eignet, fehlen die dritte Dimension des Befundes, der Tastbefund, technische Hilfsmittel wie die Auflichtmikroskopie und nicht zuletzt das Persönliche. Man sollte die Dermatologie nicht auf eine Teledermatologie reduzieren.“

Dazu setze gute Telemedizin ein ausgezeichnetes Facharztwissen voraus: „Der telemedizinisch behandelnde Arzt hat eine große Verantwortung.“ Um dieser gerecht werden zu können, wünscht sich Schlagenhauff eine Implementierung der Telemedizin in den Lehrplan des Medizinstudiums und auch in die Ausbildung von medizinischem Fachpersonal und Pflegekräften.

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